fairEInt

OB-Kandidat*innen-Hearing

„Keine Denkverbote“

Podiumsdiskussion: Die Oberbürgermeister-Kandidaten sprachen über das Thema Nachhaltigkeit

Wie vielseitig das Thema Nachhaltigkeit ist, zeigen schon die vielen bunten Würfel, die vor der Bühne aufgebaut waren. Auf dem Podium nahmen die Oberbürgermeister-Kandidaten (von links) Christian Alberter (SPD), Martina Edl (FW), Manfred Dier (Bayernpartei), Klaus Bittlmayer (Grüne), Maria Lechner (ÖDP) und Josef Grienberger (CSU) Platz. Foto: Steimle

Der Begriff Nachhaltigkeit hat Hochkonjunktur – doch wie füllt man ihn mit Inhalt, was bedeutet nachhaltige Politik für Eichstätt?

Diesen Fragen stellten sich die sechs Oberbürgermeister-Kandidaten im Rahmen einer Podiumsdiskussion, die Stadtrat Adalbert Lina („Eichstätt für Eichstätter“) und das Nachhaltigkeitsnetzwerk „FairEInt“ am Samstagabend auf die Beine gestellt hatten. Das interessierte viele, der Kolpingsaal war mit über 200 Gästen voll besetzt.

„Es gibt heute keine Denkverbote“, machte der Moderator, Journalist Stephan Zengerle, schon bei der Begrüßung deutlich, Nachhaltigkeit sei „ein weites Feld“. Denn der Begriff ragt in viele Themen hinein, die auf Schautafeln dargestellt waren, etwa Bildung, Jugend, Tourismus, Mobilität und nachhaltiges Wirtschaften.

Nachhaltiges Wirtschaften Letzteres bildete das umfassendste Thema. Welche Maßnahmen können ergriffen werden? Klaus Bittlmayer (Grüne) und Maria Lechner (ÖDP) betonten die Grenzen des Wachstums. „Wir liegen nicht an der Autobahn, nicht direkt an der Bahntrasse“, sagte Lechner, deshalb müsse der Tourismus in Verbindung mit der Sanierung denkmalgeschützter Häuser vorangetrieben werden. Christian Alberter (SPD) konnte sich regionale Qualitätssiegel für die Gastronomie vorstellen. „Kritische Ausschreibungen“ brachte Josef Grienberger (CSU) ins Spiel, so könne etwa darauf geachtet werden, wie weit die Anfahrten der Unternehmen seien. Schnell waren die Teilnehmer in diesem Zusammenhang beim Thema Bauen: Lechner wünschte sich „ökologische Alternativen“ zum Beton, Martina Edl (FW) sprach sich für die Nachverdichtung aus. Nicht alles könne in der Innenstadt aufgefangen werden, dennoch sei die Stadt „Herr des Verfahrens“, mit kreativen Lösungen lasse sich Flächenversieglung vermeiden. „Wie können wir die Wirtschaft stärker machen? „, wollte Zengerle wissen. „Wir müssen erst einmal dafür sorgen, dass die Unternehmen, die hier sind, nicht weiter abwandern“, antwortete Grienberger, die Gewerbesteuereinnahmen seien seit 2016 um eineinhalb Millionen Euro gesunken. Mit dem neuen Gewerbegebiet in Preith seien die Weichen gestellt, fuhr der CSU-Kandidat fort. An dieser Stelle hieß es „Hand aufs Herz“, bzw. Hand hoch – wer wolle mehr Gewerbegebiete ausweisen? Alberter schloss sich Grienberger an – „wir werden keine Tesla-Fabrik hier nach Eichstätt bekommen“ – Abwanderung müsse aber verhindert werden. Sein Nebensitzer Manfred Dier (Bayernpartei) schlug in dieselbe Kerbe, der Mensch stehe im Mittelpunkt, ohne Arbeit könne er nichts ausgeben. „Es ist wichtig, dass wir unsere Landschaft nicht zubauen mit Gewerbegebieten“, meinte Bittlmayer, zu überlegen sei, „dass man nicht nur einstöckig baut“.

Tourismus Ein weiteres Standbein für die Wirtschaft ist der Tourismus. Was braucht Eichstätt? „Was den Bürgern guttut, tut auch den Touristen gut“, brachte es Grienberger auf eine Formel. Man brauche nun ein Ziel vor Augen und das könne die Landesgartenschau 2030 sein. Edl will Gelder aus dem Bayerischen Aktionsplan für die Gestaltung der Altmühl an Land ziehen. Am Fluss lag auch für Alberter „die Chance für Eichstätt“, der außerdem die Innenstadt grüner machen möchte. „Wir werden immer mehr heiße Sommer bekommen. “ Es werde immer von einem sanften Tourismus gesprochen, der vor allem Familien und Senioren in die Stadt bringen solle, sagte eine Zuhörerin. Dennoch sei nun ein Vier-Sterne-Hotel gebaut worden. „Jeder ist angesprochen, hierherzukommen“, erwiderte Dier, dafür sprach sich auch Alberter aus. Beim Tagungstourismus sei „ordentlich Potenzial“ da. Die liebsten Touristen seien ihm die, „die mit dem Radl oder dem Paddelboot kommen“, sagte Bittlmayer, dennoch habe man zuvor in Eichstätt „manchmal nur schwer ein Bett gefunden“.

Doch das Thema brannte noch einer weiteren Zuhörerin auf den Nägeln: „eine üble Brücke“, „ein hässliches Ufer“, „eine Fahrradautobahn statt Altmühlauen“. Sie sehe hier keine Investitionen für den Tourismus. Lechner gab der Zuhörerin Recht: „Wir müssen Geld in die Hand nehmen. “ Grienberger sah das ähnlich. „Die Beschlüsse sind alle da. Wir brauchen eine Kultur des Machens“, das gelte auch für kleine Maßnahmen wie die Altmühldecks.

Moderator Stephan Zengerle ging durch den vollbesetzten Kolpingsaal und brachte das Mikrofon zu den Zuhörern
– auch Vertreter des Projekts „Jugend macht Welle“ stellten Fragen an die Kandidaten. Foto: Steimle

Mobilität Bewegung wollen die Veranstalter von „FairEInt“ ins Thema Mobilität bringen. Schon seit einiger Zeit gibt es Ideen, den Autoverkehr einzuschränken. Lechner und Bittlmayer können sich eine weitestgehend verkehrsberuhigte Innenstadt vorstellen, Letzterer will zudem den Domplatz für Autos sperren. Viele Geschäfte lebten von Kunden aus dem Umland, meinte Grienberger, der Verschiedenes vorschlug, etwa die Ausweitung der Stadtlinie, vorgelagerte Pendlerparkplätze und eine verbesserte Radinfrastruktur. Edl will ein Simulationsprogramm testen, und Programme wie das „Fifty-fifty“-Taxi gemeinsam mit dem Landkreis ausweiten.

„Wenn man kein Auto hat, hat man ab neun Uhr abends keine Möglichkeit mehr, nach Hause zu kommen“, sagte ein Zuhörer. Ob man nicht mehr Busse fahren lassen könne? Die Stadtbuslinie gehöre auf den Kopf gestellt, befand auch Bittlmayer, auch die Takte beim Umstieg auf die Bahn sollten verbessert werden.

Zum Ende der dreistündigen Veranstaltung flammte kurz noch ein Schlagabtausch auf, und zwar zum Thema Kultur. Letztere leidet etwa an den hohen Mietpreisen im Alten Stadttheater. Edl und Alberter wollen hier ein Entgegenkommen, Bittlmayer betonte, dass jede Veranstaltung – Ehrenamt oder nicht – Kosten verursache. „Wir brauchen endlich Kulturförderrichtlinien, die anwendbar sind. „

Im Vergleich zum ersten Aufeinandertreffen bei der Podiumsdiskussion des EICHSTÄTTER KURIER zeigten sich die Kandidaten gelockert und bemühten sich augenscheinlich, ihre Vorredner nicht zu wiederholen. Besonders unterhaltsam stellte sich Alberter zu Beginn vor, indem er kurz aus einem Kinderbuch vorlas: Ein Bürgermeister verspricht viel, hält aber nichts. „Daraus habe ich meine Lehren gezogen. „

Zum Abschluss bedankte sich Zengerle bei den Zuhörern für die Bereitschaft, „sich Inhalte anzuhören, die nicht in Twitterlänge verbreitet werden können“.

Zufrieden mit der Gästezahl, nicht aber den Spenden war Adalbert Lina: 515,19 Euro bei 220 Gästen sei zu wenig. Nach dem Abzug von 250 Euro für die Saalmiete werden 265,19 Euro an den Sozialfonds Eichstätt gespendet.

Tina Steimle, Eichstätter Kurier, 02. März 2020